Montag, 27. Juli 2015

#42 Rezension: Lagoon

— Lagoon
— Nnedi Okorafor
— 320 Seiten
— ISBN 1444762761
— Sci-Fi, Contemporary
 Gelesen in Englisch
Inhalt: Aliens landen ja stets immer in den USA, doch was passiert wenn sie mal wo ganz anders landen? Zum Beispiel in Nigeria. Als dies tatsächlich mal geschieht steht das Land Kopf. Es herrschten ohnehin schon chaotische Zustände, der Präsident ist verschwunden und das Militär handelt ohne zu überlegen.



Meinung: Lagoon ist auch wieder so ein Spontankauf der letzten Wochen. Und wie bei den bisherigen Büchern, hatte ich auch hier wieder relativ viel Glück nach einem guten Roman gegriffen zu haben.

Dieses Buch besticht durch so einiges: Das ungewöhnliche Setting, die Charaktere die so rein keinem Klischee entsprechen und der gehobene menschliche und soziale Anspruch. Viel Philosophie spielt auch eine Rolle. Es ist sicherlich auch ein Buch was für einige langweilig sein kann, aber der hohe Einfallsreichtum, der sehr dezente Fantasyanteil, ließen mich dran bleiben und dazu noch die sehr realistischen Protagonisten.
Schön war auch, dass die Autorin selbst aus Lagos stammt und es somit kein Roman war, bei dem jemand dachte er wäre jetzt mal ganz kreativ. Sie weißt ein großes Verständnis und Wissen über die dortige Kultur auf und wie es ist, dort zu auch leben. Sie zeigt unglaublich viele Seiten dieser Stadt.

Eines Nachts knallt es extrem laut, etwas fiel vom Himmel und landete in der Bucht von Lagos, Nigerias Hauptstadt. Durch den ansteigenden Meeresspiegel geht man zunächst von einem Terroranschlag aus. Doch es handelte sich eigentlich um ein Schiff von Wesen, die Zuflucht auf einem neuen Planeten suchten. Allerdings: der Mensch wäre nicht Mensch wenn dieser nicht viel eher ängstlich und ablehnend auf diese eigenartigen Kreaturen reagieren würde. In einem Land mit so viel Korruption, Armut, ungerecht verteilter Bildung und generell chaotischen Zuständen während des Umschwungs weg vom "Schwellenland" eskaliert die Situation. Selbst LGBTA wird thematisiert. Kriminelle Banden nutzen diese Gelegenheit und auch der Kampf zwischen Christen und Muslimen entbrennt immer heftiger. Die einen reden vom Teufeln, die anderen von der Erlösung. Dazwischen befinden sich die drei Protagonisten. Eine Meeresbiologin, ein Rapper und ein Soldat.

Es ist irgendwie sehr schwer dieses Buch in Worte zu fassen da einfach enorm viel passiert, man hat eine geballte Ladung an Handlung und Wissen zu verarbeiten und nach einigem Überlegen öffnen sich viele neue Frage, die aber gekonnt offen gelassen wurden ohne dass es die Auflösung stört. Es regt mehr zum eigenen Denken an. Zum Beispiel ob die Kräfte der drei echt sind, sind sie tatsächlich erfüllt mit alten mystischen Mächten längst vergangener Götter? Oder waren es die Aliens die ihnen diese Gaben vermachten, da sie seither "auserwählt" waren?

Ein Aspekt der mich allerdings besonders berührte, war meine eigenen Wahrnehmung und Vorstellungskraft. Ein modernes Buch zu lesen, welches in einem völlig anderen Kulturkreis spielt als jenen, den man gewöhnt ist (selbst Amerika ist ja nun nicht so fremd wie man meint), stellte sich als tatsächlich gar nicht so simpel heraus. Ich empfand es als furchtbar erschreckend dass es mir leichter fällt Elfen, Dämonen und Ritter, Fantasywelten und ferne Planeten als Afrika bildlich beim Lesen vorzustellen. Ein Ort der so tatsächlich ja existiert. Es war nicht so einfach mir ihre "Charakterdesigns" im Kopf auszumalen. Ich hatte nicht sofort genaue Gesichter vor meinem inneren Auge wenn ich ihre äußeren Beschreibungen las. 
Es war eine faszinierende Erfahrung derartig ins kalte Wasser geworfen zu werden und brachte somit ein Stück Selbsterkenntnis mit sich. Natürlich kann man so etwas auch nachvollziehen, wir kennen nur das, was wir auch konsumieren und ich konsumiere nun einmal hauptsächlich Fantasy. Aber schon interessante wie fremd (ich meine dies nun nicht negativ) einem eine Welt plötzlich vorkommt wenn man nicht das gewohnte blonde Mädchen präsentiert bekommt. Auch wenn dies sicherlich nicht die Intention der Autorin war, für mich war dies eine persönlich wirklich sehr wichtige Erfahrung.

Außerdem macht dieses Buch einfach so viel richtig, ich empfehle es euch wirklich sehr. Es ist Sciencie-Fiction auch für Nicht-Science-Fiction-Leser da es mehr ein menschliches Dilemma, mehr ein Drama ist als wirklich Sci-Fi. Die Handlung der Menschen, die konfrontiert mit dem Ungewissen werden, steht definitiv im Vordergrund und nicht das Aliens per se dort landen.

Es ist ein anspruchsvolles Buch. Hin und wieder wechseln die Dialoge in einen nigerianischen Dialekt der nur halb an Englisch erinnert und auch die Erzählperspektive neigt sich zum wandeln. So wird mal aus der Ich-Perspektive erzählt, dann wieder aus dem des Betrachters. Auch wird mal aus der Sicht eines Tieres berichtet, dann wieder taucht ein Charakter nur für ein Kapitel auf. 
Diese vielen Schichten fügen sich aber gekonnt in einen runden Roman zusammen. Für mich war es sehr angenehm zu lesen und es war schön mal wieder ein Buch zu lesen was ein wenig den Geist herausfordert. 



 Punkte 4,5 | 5 



1 Kommentar:

  1. Vor ein paar Tagen habe ich mir "Akata Witch" bestellt, aber ohne zu wissen, dass sie auch "Lagoon" geschrieben hat. Naja, hoffentlich liest sich das Buch auch so gut, wie du "Lagoon" beschreibst!
    Mir geht es da ziemlich ähnlich wie dir. Die meisten meiner Bücher sind irgendwo in Amerika, oder England angesiedelt, aber Nigeria... nope. Früher habe ich einige Bücher gelesen, die in Ägypten spielten, weil...Kindheitstraum...Ägyptologin und so (hat sich mittlerweile auch erledigt xD) *hust*, was Afrika als Setting betrifft, war es das dann mehr oder weniger auch schon. Gerade habe ich aber eh die Nase voll von meinen ganzen Büchern und will eher etwas lesen, das in Richtung "Lagoon" oder "Akata Witch" geht.

    Liebe Grüße,
    Bramble

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